Arno Gruen - Der Kampf um die Demokratie (Arbeitstitel)

Dokumentarfilm

Wir haben Arno Gruen, der am 20.Oktober 2015 mit 92 Jahren in Zürich gestorben ist, über 15 Jahre mit der Kamera begleitet: in seinem Zuhause in der Schweiz, in dem er mit seiner Frau Simone lebte - in New York, wo er als Jude nach geglückter Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland seine Jugend verbrachte, später studierte und an der Universität lehrte – und wo heute noch seine beiden Töchter aus erster Ehe leben.

Arno Gruen mit seiner Frau Simone in Brooklyn, wo er als Jude nach geglückter Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland seine Jugend verbrachte

Wir besuchten mit ihm Berlin, die Stadt seiner Kindheit und ersten Schulzeit, fanden Zugang zur Wohnung, in der er mit seinen Elten lebte, ehe die Familie 1936 in die USA flüchten musste – berührende Erinnerungen an eine Zeit, die sein Leben gepräg haben. In „Der Kampf um die Demokratie“ richtete Arno Gruen dann auch den Blick über rechtsradikale und terroristische Gewalttäter hinaus „auf die große Gruppe unauffälliger, angepasster Bürger - das notwendige Umfeld des Rechtsradikalismus, die zusehen und geschehen lassen und deren Persönlichkeitsstruktur Parallelen zu der der Gewalttäter aufweist: Die Vorurteile und die Gewaltbereitschaft solcher Menschen finden eine Entsprechung in den Gefühlen angepasster Bürger, die zwar selbst nicht gewalttätig sind, aber eine tiefe Angst vor Veränderung haben".

... mit Martha G. Welch ("Holding Time") und Montague Ullman ("Working with Dreams")

Eindrücklich sind die Gespräche, die wir mit ihm - oft situativ - an verschiedenen Orten geführt haben, ebenso seine Begegnungen und Gespräche mit Martha G. Welch ("Holding Time"), Montague Ullman ("Working with Dreams") und dem Künstler und Friedensaktivisten Frederick Franck, mit denen ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Deutlich wird, was Arno Gruen antrieb, nach den psychologischen Ursachen für Gewalt und Fremdenhass zu forschen - nach den Voraussetzungen für Autoritätsgläubigkeit und Demokratie zu fragen.

...mit dem Künstler und Friedensaktivisten Frederick Franck ("Zen in der Kunst des Sehens") in New York

Seine tiefenpsychologischen Untersuchungen waren dabei mit einer grundsätzlichen Zivilisationskritik verbunden, in dessen Zentrum der Mensch und seine Deformation durch Sozialisierung und Erziehung stand. „Menschen sind nicht von Natur aus schlecht“, so sein Grundgedanke. Es sind die Kulturen, nicht zuletzt die westlichen, die Selbstverrat und Hass hervorbringen.

...mit seiner Tochter Constance bei der Eröffnung ihrer Kunstausstellung in New York

Arno Gruen wurde für seine Arbeit "Der Fremde in uns" 2001 in München mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet.
2010 erhielt er in Helsinki Loviisa Peace Prize für „seine lebenslange Beschäftigung mit den Ursprüngen der Gewalt“.

Ich fürchte, unsere Kultur engt uns von Anfang an ein und treibt uns weg von dem, was wir sein könnten“, sagte er. Was er wollte, war, die zerstörerischen Anteile in uns, die das Eigene zum Fremden machen, als eigentliche Krankheit offen zu legen. Ignorieren wir dies, muss unser Geschichtsbewusstsein unvollständig bleiben und in der Folge Pogrome, Holocaust, ethnische Säuberungen und verdeckter oder offener Fremdenhass weiter die Geschichte des Menschen bestimmen“.

 

Veröffentlichungen von Arno Gruen

 "Der Verrat am Selbst. Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau"  "Der Wahnsinn der Normalität. Realismus als Krankheit: eine Theorie der menschlichen Destruktivität"  "Der Verlust des Mitgefühls. Über die Politik der Gleichgültigkeit"  "Ein früher Abschied. Objektbeziehungen und psychosomatische Hintergründe beim Plötzlichen Kindstod"  "Der Fremde in uns"  "Der Kampf um die Demokratie - Der Extremismus, die Gewalt und der Terror"  "Ich will eine Welt ohne Kriege"  "Dem Leben entfremdet. Warum wir wieder lernen müssen zu empfinden"  "Wider den Gehorsam." Klett-Cotta, Stuttgart 2014   "Wider den Terrorismus." Klett-Cotta, Stuttgart 2015